Das SECO soll seine Korrespondenz mit dem Bündner Arbeitsamt offenlegen. Das empfiehlt der Öffentlichkeitsbeauftragte im Fall Outlet. Das Bundesamt weigert sich jedoch.
14.6.2015 ♦ Sieben Tage die Woche geöffnet, mit diesem Versprechen wirbt das Shoppingdorf in Landquart seit seiner Eröffnung 2009. Den Sonntagsverkauf ermöglichte damals die Bündner Regierung – trotz schweizweit geltendem Sonntagsarbeitverbot. Für sie war das Outlet – eingeklemmt zwischen Bahnlinie und Autobahn – touristisches Gebiet und deshalb nicht bewilligungspflichtig.
Erst im Februar 2014, auf Intervention der Gewerkschaft UNIA, pfiff das Bundesgericht den Kanton zurück und erklärte den Sonntagsverkauf im Designer Outlet mit deutlichen Worten für rechtswidrig. Dieser Entscheid ist seit Frühling 2015 Makulatur, weil der Bundesrat mit einer «Lex Outlet» den Sonntagsverkauf in Landquart sowie im «Foxtown» in Mendrisio legalisiert hat. → Mehr zum Thema Outlet und Sonntagsverkauf
Im Juli 2014, also nach dem Bundesgerichtsentscheid, wollte ich vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) wissen, ob das SECO als Oberaufsicht auf die Einhaltung des Arbeitsrechts gepocht und wie der Kanton Graubünden darauf reagierte hatte. Deshalb verlangte ich Einsicht in die Korrespondenz zwischen dem SECO und dem Bündner Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA). Ich hatte nämlich den Eindruck, dass es zwischen den Ämtern vor der Eröffnung 2009 zu einem Disput gekommen war.
Die Absage des SECO kam postwendend. Das Vertrauensverhältnis zwischen Bund und Kanton würde «unwiderruflich erschüttert» und die «Basis des Vertrauens» zerstört, wenn diese Korrespondenz öffentlich würde. Danach sei «nicht mehr im gleichen Ausmass ein offener Austausch möglich» für eine «korrekte Anwendung des Arbeitsgesetzes». Zudem kenne Graubünden kein Öffentlichkeitsprinzip und deshalb seien die Dokumente in Graubünden geheim.
Das SECO behauptete also, dem Kanton punkto Arbeitsgesetz auf die Finger zu schauen, aber liess sich selber nicht in die Karten blicken. Die gleiche Haltung erlebte ich bei diversen Interview-Anfragen. Immer gab sich das SECO zugeknöpft, ein Radiointerview mit Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit, war nie möglich. Ich reichte deshalb beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein Schlichtungsgesuch ein. Fast ein Jahr später ist nun die ausführliche Schlichtungsempfehlung eingetroffen, und sie zerzaust die Argumente des SECO.
Das alles sind gute Nachrichten für Regionaljournalistinnen und -journalisten. Viele Dokumente zu kantonalen Fragestellungen finden sich nämlich auch in Bundesbern. Bleibt die Frage offen, ob das SECO die Empfehlung akzeptiert. Bisher sind die Dokumente noch nicht eingetroffen.
Nachtrag 2. Juli 2015
Mit Brief vom 24. Juni (der erst einige Tage später ankam, da fälschlicherweise an das Fernsehen in Zürich adressiert), verweigert das SECO – bis auf eine Ausnahme – den Zugang zu allen Dokumenten. Die Argumente der Verfügung bleiben gleich. Einzig die Beeinträchtigung der Privatsphäre Dritter fällt weg. Wir ziehen den Fall weiter.
Nachtrag 10. Februar 2016
Mit Urteil vom 10. Februar 2016 hat das Bundesverwaltungsgericht mir teilweise recht gegeben. Manche Dokumente bleiben jedoch unter Verschluss weil ihre Herausgabe die Beziehung zwischen Kanton und Bund gefährden könnte, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Wir haben den Fall ans Bundesgericht weitergezogen.
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