Zeichen und Wunder: Auch die Bürgerlichen in Graubünden wollen das Öffentlichkeitsprinzip. Der Grosse Rat sagt Ja mit 69:7 Stimmen. Eine Hitparade möglicher Gründe.
15.6.2014 ♦ Der Entscheid dürfte als kürzeste Revolution der Bündner Politik in die Geschichtsbücher eingehen: «Diskussion wird nicht gewünscht, somit können wir abstimmen». Mit 69:7 Stimmen sagte der Bündner Grosse Rat Ja der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips. «Endlich!» jubilierte SP-Grossrat Sascha Müller auf Twitter. Im Ratssaal hatten die Genossen geschwiegen. Zu gross die Gefahr, Widerspruch zu provozieren.
Die Preisfrage lautet jetzt: Was war diesmal anders als bei den Abstimmungen 2002, 2007 und 2011? Bisher hatten die Bürgerlichen immer klar gemacht: Das brauchen nicht (→ die Chronologie). Besonders vor drei Jahren war der Widerstand heftig. Da war die Rede von Bürokratiemonster, der Angst vor Geheimniskrämerei. Diesmal: Stille. Obwohl es keine neuen Fakten gibt. Keiner der bürgerlichen Politiker wollte darüber reden, wieso er seine Meinung geändert hat. Meine Hitparade möglicher Gründe:
Als nächstes arbeitet der Kanton einen Vorschlag für das Bündner Öffentlichkeitsgesetz aus. Die Leitplanken dazu stehen in der Antwort der Bündner Regierung auf den Vorstoss. Erstens seien «dem Öffentlichkeitsprinzip klare Schranken zu setzen» damit die Meinungsbildung nicht beeinträchtigt werde. Zweitens sollen neben den privaten auch «öffentliche Interessen» geschützt werden. Schliesslich brauche es ein «einfaches Verfahren zur Klärung der Einsicht» damit «Aufwand und Kosten möglichst gering gehalten werden».
Auf eine Schlichtungsstelle, wie sie andere Kantone und der Bund kennen, will die Regierung verzichten. Sie hofft dadurch auf kürzere Verfahren. Real wird wohl das Gegenteil passieren, weil strittige Fälle halt vor Verwaltungsgericht landen. Leisten können sich dies im Gegensatz zur Schlichtungsstelle dann aber nur Leute mit dem entsprechenden Portemonnaie.
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